800 Jahre Sonnengesang – Franz von Assisi
Unser Einkehrtag der Region Mitte am 18. Oktober im Shalom Kloster in Pupping stand ganz im Zeichen des 800-Jahr Jubiläums der Entstehung des Sonnengesanges von Franz von Assisi.
Wir starteten mit einer Hl. Messe in der Klosterkirche Pupping zu Ehren des Hl. Wolfgang, der am 31. Oktober 994 an diesem Ort starb. Anschließend erzählte uns Br. Stefan Kitzmüller OFM von der
Entstehungsgeschichte des Sonnenganges umrahmt von Lobpreisliedern von Br. Philipp Klinger OFM aus Salzburg.
Entstanden ist der Sonnengesang vermutlich im Frühjahr 1225 in San Damiano, als Franziskus krankheitshalber bei der Hl. Klara war. Die letzten Strophen könnten unter dem Einfluss des
nahenden Todes und eines Streites zwischen dem Bischof und dem Bürgermeister von Assisi entstanden sein. Literaturhistorisch ist der Sonnengesang in umbrisch geschrieben und nicht wie
damals üblich in Latein. Damit zählt er zu den frühesten italienischen Textbelegen.
Vom Aufbau lobt der Sonnengesang nach der Einleitung den Kosmos, die vier Grundelemente Wind, Wasser, Feuer und Erde und endet mit dem Lob des menschlichen Lebens und des Todes.
Zeitgeschichtlich ist die Veränderung des Menschenbildes und sein Verhältnis zur Natur interessant.
Die Würde und der Selbstwert des einzelnen Menschen werden aus der Antike wiederentdeckt und er ist der Natur nicht mehr hilflos ausgeliefert.
Erwähnenswert ist, dass die Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus im Jahre 2015 zum Schutz der Umwelt und Überwindung sozialer Ungerechtigkeiten mit dem Anfang des Sonnengesanges
beginnt – der Sonnengesang also top aktuell ist. Nach dem Mittagessen besichtigten wir die Fotoausstellung zum Sonnengesang im Klostergarten
und beendeten den Tag mit weiteren Lobpreisliedern, der Vesper und der Aufforderung, den Lobpreis Gottes in die Welt hinauszutragen.
Anton Hitzl
Sonnengesang
Höchster, allmächtiger, guter Herr,
dein sind der Lobpreis, die Herrlichkeit
und Ehre und jeglicher Segen.
Die allein, Höchster, gebühren sie,
und kein Mensch ist würdig, dich zu nennen.
Gelobt seist du, mein Herr,
mit allen deinen Geschöpfen,
zumal dem Herrn Bruder Sonne,
er ist der Tag, und du spendest uns das Licht durch ihn.
Und schön ist er und strahlend in großem Glanz,
dein Sinnbild, du Höchster.
Gelobt seist du, mein Herr,
durch Bruder Mond und die Sterne,
am Himmel hast du sie gebildet,
hell leuchtend und kostbar und schön.
Gelobt seist du, mein Herr,
durch Bruder Wind und durch Luft und Wolken
und heiteren Himmel und jegliches Wetter,
durch welches du deinen Geschöpfen den Unterhalt gibst.
Gelobt seist du, mein Herr,
durch Schwester Wasser,
gar nützlich ist es
und demütig und kostbar und keusch.
Gelobt seist du, mein Herr,
durch Bruder Feuer,
durch das du die Nacht erleuchtest;
und es ist schön und liebenswürdig
und kraftvoll und stark.
Gelobt seist du, mein Herr,
durch unsere Schwester, Mutter Erde,
die uns ernährt und lenkt
und vielfältige Frucht hervorbringt
und bunte Blumen und Kräuter.
Gelobt seist du, mein Herr,
durch jene, die verzeihen um deiner Liebe willen
und Krankheit ertrage und Drangsal.
Selig sind jene, die solches ertragen in Frieden,
den von dir, Höchster, werden sie gekrönt.
Gelobt seist du, mein Herr,
durch unsere Schwester, den leiblichen Tod;
ihm kann kein Mensch lebend entrinnen.
Wehe jenen, die in schwerer Sünde sterben.
Selig jene, die sich in deinem heiligsten Willen finden,
den der zweite Tod wird ihnen kein Leid antun.
Lobet und preiset meinen Herrn
und erweist ihm Dank
und dient ihm mit großer Demut.
